Echo und Alexa von Amazon im Praxistest

Denis Bartelt in Gemischtwarenladen 24.01.2017

Bei Tyclipso testen wir Technologien sehr früh, um herauszufinden, ob sie uns oder unseren Kunden im Alltag helfen können. Soeben ist Amazons Echo eingetroffen. Die darauf installierte Plattform Alexa versucht, das Versprechen einer rein auditiven Oberfläche einzulösen, worin viele die Zukunft der Softwaresteuerung sehen. Alexa versucht sich in die Reihen von Apples Siri und Microsofts Cortana einzuordnen. Hier mein persönlicher Praxistest für Amazon Echo und Alexa.

Echo (Dot)

Ich habe das Echo mit eingebautem Lautsprecher bestellt. Es geht hier also nicht um den Amazon Echo Dot, der grundsätzlich aber mit den gleichen Funktionen kommt, allerdings kleiner ist und deshalb nur mit einem kleinen Lautsprecher ausgestattet ist.
Das Gerät sieht sehr wertig aus, ist sehr gut verarbeitet und kommt frisch mit seiner satinierten weißen Oberfläche daher. Optisch passt das Gerät gut in jedes Wohnzimmer oder Office.

Installation

Die Installation im Heimnetzwerk war, wie heute üblich, sehr einfach. Mit dem Smartphone das WLan der Box suchen, verbinden und dann mit der App die nötigen Einstellungen vornehmen. Fertig.

Visuelles Interface

Sehr gut gelungen ist die visuelle Kommuniktion, welche die Interaktion mit Alexas Stimme darstellen soll. Der obere Ring wird mit LEDs animiert. Wenn Alexa aktiviert wird, dann zeigt sie an, aus welcher Richtung sie die Befehlsstimme hört. Das sieht gut aus und wirkt schon fast etwas natürlich, wie ein Ohr, was man in die Richtung hält, wo die Stimme herkommt oder Augen, die einen anschauen. Dennoch stimmt die Visualisierung nicht ganz, denn grundsätzlich hört Alexa ja immer, was jedoch nicht zu sehen ist. Wäre früher ein Gerät als „an“ durch eine leuchtende LED visualisiert worden, so agiert Alexa genau andersherum.

Wenn Alexa’s Aufnahmefunktion deaktiviert ist, leuchtet der Ringe komplett rot. Diese Darstellung ist so hell und unangenehm, dass man es für einen Betriebsfehler halten muss. Da Alexa aus Sicht des Herstellers immer lauschen sollte, kann man dieses UI aber nachvollziehen.

Die Alexa App

Der Echo kommt mit einer App. Ich habe diese auf dem iPhone getestet. Die App ist typisch für Amazon: etwas sperrig und nicht wirklich toll designed. Man kann in der App die Alexa Einstellungen verwalten und das Befehlsprotokoll nachlesen und kommentieren (soll der Verbesserung der Funktionen dienen).

Als Grundfunktionen in der App bietet Alexa Musik und Hörbücher, Amazon Bestellungen, Smarthome, Wetter, To-do-Listen und sogenannte Skills.

Die Skills sind Apps für Alexa. Aus einer Bibliothek lassen sich jetzt schon einige Fähigkeiten herunterladen. Neben Lottozahlen, Lernspielen und Mensaplänen (entwickelt von testenden Informatikstudenten), sind auch Bosch Home Connect und z.B. die smarthome Funktionen von RWE/Innogy zum Download verfügbar.

Glücklicherweise kann ich zuhause einiges davon ausprobieren.

Ich habe mein spotify-Konto (kurzzeitig) verknüpft. Auf einen öffentlichen Google-Kalender habe ich noch keine Lust, denn hier zeigt sich das erste eigentliche Problem.

Personalisierung: Fehlanzeige!

Alexa kennt seinen Bediener nicht.

Alexa ist es derzeit völlig egal, wer ihren Namen sagt. Dass überrascht mich etwas, denn damit ist absolut keine Personalisierung möglich, was mich zum Beispiel bei iPads, die man gemeinsam in der Familie nutzt, schon immer stört. Jeder der Alexa (oder eines der anderen Worte, die zur Wahl stehen) ruft, aktiviert das System. Damit wird adhoc alles, was Alexa kann, für jeden Nutzer verfügbar. Das ist etwas absurd, denn dadurch ist es tatsächlich möglich, dass selbst eine Radio- oder Youtube-Werbung, die Alexa auch verstehen kann, zum Aktivierer der Funktionen. Dies ist bereits bei einem Test im amerikanischen Fernsehen passiert und hat Empörung verursacht.
Im Moment dieser Erkenntnis war für mich klar, dass dieses Gerät nicht bürofähig ist, denn jeder könnte alles bestellen oder meinen Musikstream aktivieren (was den Stream an einem anderen Ort deaktivieren würde, wenn ich selbst nicht im Büro bin).

Ich habe das Gerät mit nach Hause genommen.

Zunächst habe ich meine Smarthome-Steuerung eingebunden und bin jetzt in der Lage, Lampen per Sprachsteuerung zu bedienen. Das macht Spaß und ist in einem Haus tatsächlich nützlich. Ich habe mich sofort darüber geärgert, dass nicht alle Lampen so erreichbar sind. Auch die Heizung ließe sich jetzt so steuern, aber dafür habe ich eher Automatismen etabliert. Es gibt da wenig aktiv einzustellen. Längst nicht alles, was die Innogy-App kann, steht beim Alexa-Skill schon zur Verfügung.

Sehr überrascht war ich, dass Amazon Fire TV nicht direkt ansteuerbar ist. Damit kann man eben nicht einfach die Sender wechseln, was ich quasi als Basis-Feature erwartet hätte. Auch der TV Ton könnte ja an die Box übertragen werden. Diese Funktionen gibt es noch nicht, können aber mit jedem Update kommen.

Der Klang

Der Sound der Box ist eher enttäuschend. Wenn Alexa spricht, klingt der Sound sehr gut, weil die Stimme warm und gut abgestimmt ist. Wenn aber Spotify läuft, stellt man schnell fest, dass die nicht wesentlich größeren Play:1 von Sonos  in anderen Welten spielen. Überhaupt wäre eine Sonos Anwendung auf Alexa sehr wünschenswert. Es ist aber zu erwarten, dass Sonos irgendwann selbst mit einer Audio-Steuerung daherkommt.
Läuft erstmal die Musik etwas lauter, wird es schwer für Alexa mit dem Hören. Das geht auch dem Menschen so. Man muss Alexa anschreien, damit sie die Anfrage verstehen kann. Da hilft es auch nicht, dass die 7 Mikrofone oben sitzen und die Box selbst unten. Musik hören schätze ich durchaus als eine der wichtigsten Nebenanwendungen ein. Insofern ist das Ergebnis hier noch nicht so toll, wie erwartet. Dieses Problem dürfte der Echo Dot nicht haben, da hier keine lauten Boxen direkt am Gerät sitzen.

Sprechen mit Alexa

Wie mit Siri auch, ist das Sprechen mit Alexa noch lange nicht natürlich. Zum Beispiel muss man Alexa sagen, welchen Skill es verwenden soll. Das Skill von Bosch-Geräten heißt zum Beispiel „Home Connect“. Wenn ich nun wissen will, wann der Ofen fertig ist, frage ich: „Alexa, wann ist Home Connect Ofen fertig?“ Dabei bricht man sich die Zunge. Letztlich will ich wissen, wann der Ofen fertig ist. Das muss Alexa noch lernen.

Überhaupt wollte ich Alexa zu Beginn nach Dingen aus dem Internet fragen. Das hat alles nicht gefruchtet. Alexa sucht in seinen Skills. Ein Internetbrowser habe ich noch nicht gefunden.
„Alexa, suche nach Crowdfunding im Internet“ – führt zu nichts.

Natürlich weiß ich, dass Software jederzeit verbessert wird und bin deshalb ganz entspannt. Alexa wird sicher Monat für Monat schlauer. Also warten wir es mal ab.

Warum Alexa aber aus meiner Sicht überhaupt nicht im Alltag funktioniert ist, dass sie keine Nutzer kennt und damit auch keine Zugangskontrollen.

Kinderspielzeug

In einem Haushalt mit Kindern macht es natürlich jedem Kind großen Spaß, mit Alexa zu spielen. Und das ist nicht verhinderbar. Das führt übrigens zu 90% Fehleingaben, weil keine logischen Sätze genutzt werden. Während die Interfaces mobiler Devices von Kindern heute sehr schnell verstanden werden, sind die Konventionen der Eingaben an Alexa für Kinder definitiv zu kompliziert. Da sind schon Füllwörter, Satzbau und Zwischentöne ein großes Problem. Ich bin gespannt, wie diese Probleme von den Alexa Entwickler gelöst werden.

Mein Fazit zum Praxistest Echo und Alexa

Alexa ist noch nicht alltagsfähig. Ich gebe daher keine Kaufempfehlung.

Das spricht für den Kauf:

• Smartes Home Device
• Sieht gut aus
• Tolles, einfaches Hardware User Interface
• Schnell installiert
• Flexibel erweiterbar durch Skills

Das spricht gegen den Kauf:

• Keine Zugangsbeschränkungen
• Hört schlecht, wenn laute Musik spielt
• Sätze müssen sauber formuliert werden
• Man kann Skills nicht intuitiv nutzen (Formulierungen muss man verstehen)
• Sound ist eher mittelmäßig, aber für den Preis okay
• In Haushalten mit Kindern kaum zu gebrauchen
• Kein eigenes Zugangswort möglich

Eventuell werden wir bei tyclipso in einem Hackathon mal einen Skill programmieren, mit dem man seine Erinnerungen von equify oder andere To-do’s managen kann. Erforderlich ist dann allerdings eine Zugangsregulierung.